Samstag, 04.05.2019

Von Flohmärkten und Laternen

Samstag. Nur wenige Hochbewölkung sehe ich aus dem Fenster aufziehen, diese Schleierwölkchen, duch die aber die Sonne scheint. Ich gehe nach dem Frühstück vors Hotel und denke "Oha - Ist schon Hochsommer"? Eine Schwüle beginnt sich aufzubauen, die ich so gar nicht mag. Im klimatisierten Hotel ist es soweit recht angenehm, aber draußen klopft der Sommer schon deutlich an und ich denke, dass es eine richtige Entscheidung ist, nicht im Zeitraum zwischen Juli und August hierher zu kommen. Schwül ist es daheim in Südbaden in der Zeit nämlich auch, und das bekomme ich "umsonst" 😎.

Zum Glück lässt das Drückende Wetter über den Tag nach, bei gleich bleibendem Sonnenschein. Ich fahre mit der U-Bahn Linie 2, die als großen Ring als einzige U-Bahn dieser Art die Stadt Seoul durchzieht, fast ein ganzes Drittel ihres Kreises herum nach Norden über den Hanfluss und dann nach Westen durch Downtown hindurch zum großen Osttor, dem Donddaemun. Dong heißt Osten, Mun einfach Tor. So einfach ist koreanisch 😬 (aber die Grammatik hat es in sich). Einst endete die Stadt hier, heute ist sie weit über die alte Stadtmauer herüber geschwappt - was jedoch seit alters Zeiten hier zu finden ist, ist der Bekleidungsmarkt. Abertausende Läden, vom kleinen Stand an der Straße bis hin zum 20geschossigen Kaufhaus nur mit Kleidung für vorrangig Damen, dann die Accesoires, Taschen, Gürtel, Schuhe, Wäsche, Strümpfe - alles eben was die Ladies zur Existenz benötigen - hier kann man seine Partnerin hinschicken und dann ist Mann im Urlaub alleine...denn der Markt hat buchstäblich 24 Stunden geöffnet! Ich jedoch wende mich ans östliche Ende, wo ein großes Gebiet anschließt, das fast schon ein Stadtteil für sich ist, und wo man alles mögliche gebraucht kaufen kann. Flohmarkt hierzu zu sagen ist eigentlich untertrieben - hier kann man ganze Restaurant-Einrichtungen oder Hausausstattungen kaufen, Stühle, Möble, Büromaschinen, Werkzeug, und es ist unglaublich, wie groß dieses Areal ist. Aber auch Flohmarkt-Gänger kommen auf ihre Kosten, vor allem am Wochenende sind die an das Viertel Dongmungyohoe (gesprochen Dongmungiohä) angrenzenden Straßen mit Händlern angefüllt, die ihre privaten gerauchten Schätze feilbieten. Da kommt schon fast Flohmarktcharakter wie bei uns daheim auf!

Nach längerem umher streifen habe ich dann einen Bus genommen und mich während einer rund halbstündigen Fahrt mit vielen staubedingten Stop-and-Go´s mit guter Aussicht auf geschäftiges Treiben am Samstag, das überall in jener Gegend tobt, dann schön erholt. Das Ziel: der große "Volks-Flohmarkt" nahe der Metrostation Sinseol-Dong. Man findet dieses Gebäude sehr einfach: schon ovn weitem sieht man am Samstag die Stände der Freizeithändler mit den blauen Dächern stehen, und innen findet man wieder, schön getrennt nach Bereichen das Sortiment: Anglerausrüstungen, Wander-Zubehör, Golfausstattungen, Alltagsbekleidung, Möbel, und dann das, was mich am meisten interessierte: die Abteilung Krimskrams - da steht Buddha neben einer nackten Schönen in Bronze und wird gar nicht rot (der Genießer schweigt und lächelt...):

Das Konterfei des umstrittenen Präsidenten Park Chun-Hee wiederum steht etwas verloren herum und nur zufällig scheinen sich die benachbarten Statuetten und Büsten abzuwenden...( kleine Hintergrundinfo: er war in der Zeit vor der Demokratisierungsbewegung Präsident von 1961-79 und wurde dann ermordet; seine Tochter Park Geun-hye war von 2013 bis 2017 Präsidentin und wurde nach Bürgerprotesten wegen Korruptionsvorwürfen vom Parlament suspendiert, vor Gericht gestellt, schuldig gesprochen und zu 24 Jahren Haft verurteilt, zuzüglich einer Strafgebühr von 14 Millionen Euro - ja, die Koreaner mögen korrupte Politiker gar nicht haben - sie haben sich ja ihre Demokratie, auf die sie stolz sind, auch mühsam genug erkämpft, mit sehr vielen Opfern, und sind nun seit Ende der 1980er Jahre in den Staaten mit echten Demokratien angekommen - wie man sieht!).

 

 

Aber zurück zum Flohmarkt:

Ein tolles Ambiente, viele Besucher und im oberen Stockwerk hat die Stadt Seoul sogar einen Bereich aufgebaut, wo man alte Dinge in entsprechend hergerichteten Läden sehen kann - und ein Barbershop wo man sogar sich die Haare schneiden lassen kann - ganz wie früher - ist auch da!

Nach vielen Eindrücken und der wiederstandenen Versuchung, doch etwas zu kaufen, habe ich mich dann auf den Weg gemacht und bin nach Downtown gefahren, mich bei Lotte in einem japanischen Restaurant gestärkt und dann auf den Weg gemacht in das westlich des großen Gyeongbok-Palastes anschließende, alte Viertel. Am Ausgang 2 der Station Gyeongbokgung beginnt dieses sehr schöne und noch sehr authentische Areal Seouls, wo noch nicht alles glattgezogen und schön aufgehübscht ist, sondern wo man auch mal ein altes Haus mit etwas "marodem" Charme findet, wo eine kleine Galerie Einzug gehalten hat, und das Häuschen ist gleich mit ein Kunstwerk. Ebenso neue Läden mit Snacks, Cafes, und dieser typisch koreanische Mix, der mir immer gut gefällt.

Ich bin ja nicht das erste mal hier (siehe mal dort) und möchte behaupten, dass ich ein wenig Bescheid weiß.
Tongin-Dong zu besuchen lohnt sich für jeden, der "ates Seoul" sehen will.

 

 
  Restauriertes und sehr schönes altes Hanok-Haus, jetzt eine Gäste-Herberge

 

Am späten Nachmittag ging es dann mit der U-Bahn zur nahen Station Anguk, gestärkt duch einen wunderbaren "hand dripped Coffee" im Cafe "Quees Sheeba", der mit der teuerste Kaffee war, den ich je getrunken habe (außer im Sacher Wien), mit jenem aber auch locker mithält und: wirklich aufwändig hand aufgebrührt zelebriert wird. Da lohnen sich 8,50 Euro schon, doch, wirklich! Man ist ja im Urlaub und gönnt sich auch sonst nur ein 4 Sterne Hotel 😛

"Händie-made Kophie" wie die Koreaner sagen. Exzellent!!

Adresse: QUEEN SHEBA, African Coffee House, 1-7 Tongui-dong Jongno-Gu Korea
gleich neben der westlichen Mauer des Gyeonbok-Palastes

 

Einmal quer durch die Insadong-art-Street, die am Wochenende immer etwas überlaufen ist (aber was will ich sagen: bin doch selbst einer der vielen Touristen hier) hinunter auf die Jongno-Straße beim Pagodenpark, wo heute, am 04.05. das Laternenfestival anlässlich des anstehenden Geburtstag Buddhas abgehalten wurde. Ein wunderbar erfrischendes Szenario vieler Tausender MItwirkender, alles Menschen, die offensichtlcih den buddhistischen Glauben in sich tragen und begeistert und gut gelaunt mit den großen und kleinen Laternen durch die Stadt zogen. Ein erstes Highlight dieser Reise.

   
   Impressionen von der Laternen-Parade zu Buddhas Geburtstag